Dr. Buombergers Eisenbahn Panoramakarten "Bernina"
Unter dem Namen "Dr. Buombergers Eisenbahn Panoramakarten" erschienen verschiedene Faltprodukte, so über die Schifffahrt auf dem Rhein und auch über Schweizerische Eisenbahnen. Bekannt sind mit einzelne Postkarten von Rigi, Zürich und Krummenau.
Hier stelle ich ein solches Faltprodukt vor, das ich bisher erst einmal gesehen habe. Es trägt zudem noch den Stempel des Betriebschefs der Berninabahn. Das Format ist ca. A5 hoch.
Es sind 24 Postkarten einer Reise mit der Berninabahn enthalten, die man heraus schneiden und verschicken kann. Das Produkt kostete damals 2 Franken.
Die Fotos sind alle aus dem Photoglob-Verlag. Diese Faltgeschichte ist denn auch patentiert von den "Vereinigten Kunstanstalten A.-G., Zürich, Abteilung Photoglob". Wie genau die Aufgabenverteilung der Beteiligten war, erschliesst sich mir nicht: Wenn die Fotos und das Faltprodukt der gleichen Firma gehören, was war denn die Rolle des Dr. Buomberger? Vielleicht gibt sich ein Hinweis über diese Publikation hier.
Die Zusammenstellung der Karten ist etwas eigenartig. Es fehlt z.B. eine Grossansicht von St. Moritz, stattdessen gibt ein Bild des Innfalls. Ebenso fehlen eindrückliche Bilder von Montebello, Berninagruppe und Piz Palü, auch der Kreisviadukt von Brusio ist nicht vertreten. Dafür gibts Kühe auf der Strasse und den unbedeutenden Ort Meschino. Aus Sammlersicht sind die letzen beiden natürlich heute ein Glücksfall! Der Tiefpunkt jedoch ist eine nichtssagende Aufnahme aus Campaschio, siehe weiter unten.
Ich schätze das Erscheinungsdatum (leider gibt es keine Hinweise) auf 1910. Vorausgesetzt, dass alle Fotos zur selben Zeit gemacht wurden, ist der Bau der Kirche in Campocologno (1910-12) ein Hinweis. Aber eben, die Fotos steuerte Photoglob bei. Einige der Ansichten sind auch als "reine", einzelne Photoglob-Postkarten bekannt. Ob Photoglob wohl die "heissen" Aufnahmen von Montebello und Co. aus dem eigenen Sortiment nicht konkurrenzieren wollte?
Konzept
Das Konzept dieser Panoramakarten ist, dass eine Faltorgel (oder grosses Leporello) die Strecke von St. Moritz nach Tirano umfasst. Weshalb die unteren Postkarten verkehrt gedruckt waren, ist mir schleierhaft, bringt es für den Betrachter nur eine mühselige Handhabung.
In der Mitte befindet sich eine Doppellinie (man könnte auch eine Schiene interpretieren), an welcher sich die Reiseroute orientiert. Die Stationen sind mit einem schwarzen Balken und der entsprechenden Ortshöhe angegeben.
Hier sehen wir eine Doppelseite: Auf der linken Seite ist Poschiavo abgebildet sowie, verdreht, eine tolle Aufnahme von der Strasse unterhalb S. Antonio. Auf der rechten finden wir dann Le Prese und Meschino.
Die Faltorgel war eingefasst durch die roten Titelseiten in deutsch und englisch. In den Umschlagdeckeln waren vorne die Einbettung der BB ins europäische Eisenbahnnetz und hinten eine Werbeseite von italienischen Kurorten: Bad Bormio wirbt mit seinen "radioaktiven Therme und Bäder" - wer würde da heute noch hinreisen! Drei Hotels aus Tirano, Sondrio und Malenco werben auch noch mit. Die schweizerische Hotellerie in St. Moritz, Maloja und Pontresina ist erstaunlicherweise nicht vertreten...
Auswahl von Postkarten
Ich beschränke mich auf 18 von 24 Karten, jene mit einem Sujet der Berninabahn oder MMB
Die zweite Postkarte zeigt Celerina mit Samedan im Hintergrund und die Talstation mit Strecke der Muottas Muragl Bahn.
Diese Aufnahme gibt es auch als Photoglob-Karte coloriert. Die BB zuckelt in Richtung Celerina B.B.
Diese Aufnahme wiederum ist sehr interessant, zeigt sie doch die schnurgerade Strecke der BB nach der Überwindung des Aufstiegs von Montebello. Endlich ist der Talboden erreicht, der Triebwagen fährt Richtung Süden und wird bald in Berninahäuser einfahren.
Dieses pittoreske Bild zeigt im Hintergrund den mächtigen Piz Alv und im Vordergrund eine schöne Berninabahn-Komposition mit Flachwagen und Gepäck/Postwagen. Diese Stelle der Strecke in der Hochebene von Arlas wird heute mit einer grossen Kurve über die Alp Bondo umfahren.
Das angepriesene Heutal ist erst weiter unten, vor dem Piz Alv. Es ist bekannt für die vielen Murmeltiere.
Hier sehen wir eindrücklich den Cambrena-Gletscher (siehe auch Vergleich zu 2010 hier)
Der Felssporn wurde irgendwann abgetragen. Zur Orientierung: Im Rücken des Fotografen befindet sich die bekannte, sehr enge Jochum-Kurve
Eine wunderbare Ansicht von Bernina Hospiz!
Der Triebwagen BCe4 10 steht mit seinem Zug vor dem ursprünglichen Stationsgebäude. Wie simpel die Gleisanlagen noch sind. Ein Ausweichgleis wie beim Märklin-Startset, fertig.
Interessantes Detail: Das seeseitige Gleis scheint noch nicht fertig eingeschottert zu sein (?)
Auch auf Alp Grüm sind die Verhältnisse noch ganz einfach gehalten.
Wir sehen die beiden Restaurantgebäude, wie sie bis 1923 Bestand hatten und das kleine Stationsgebäude im Vordergrund.
Zwischen Geleise und Vorplatz ist ein Geländer. Hier gibts mehr Details davon.
Die Masten in der bekannten Panoramakurven wurden extra auf der Innenseite montiert, damit die Reisenden einen ungestörten Blick auf das Puschlav hatten.
Noch ohne jeglichen Lawinenschutz präsentiert sich die Strecke nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof. Der Bau der Bahn hat deutliche Wunden in der Natur hinterlassen.
Im Vordergrund die Einfahrt in den Palü-Kehrtunnel.
Mehr über die Schneegalerien erfährst Du hier
Dr. Buomberger und der Photoglob Verlag haben dieses Sujet von Poschiavo ausgewählt. Gut für uns: Wir sehen die Werkstätte noch in der Ursprungsversion mit durchgängigen Geleisen. Mehr über den alten Bahnhof Poschiavo hier
Diese Aufnahme ist mir bisher nur in diesem Kartenset begegnet.
Sie zeigt die lange gerade Strecke, die der engen Durchfahrt von Sant'Antonio mit dem anschliessenden Halt auf der Strasse (hier)
Hier ist auch der typische Charakter der Berninabahn zu erkennen: Um Kosten zu sparen, wurde die Bahn wo immer möglich ins Bankett der Strasse gebaut. Das ganz ursprüngliche Projekt Samedan-Tirano wäre eine komplette Strassenbahn geworden.
Auch Le Prese mit dem bedeutenden Hotel ist berücksichtigt. Aus BB-Perspektive schauen wir auf den Übergang der Bahn vom "Festland" zur Seestrecke.
Eine sehr pittoreske Ansicht!
Die Kühe müssen zu Fuss auf der Strasse gehen. Wie sie wohl auf die gelben Ungetüme der BB reagiert haben?
Dr. Buomberger nennt den Lago di Poschiavo "Le Prese See"
Die Ortsdurchfahrt durch Meschino ist schnell geschafft: Zwischen den zwei Restaurants (für die paar Einwohner!) hindurch und schon gehts talwärts in Richtung Brusio.
Das Restaurant Bernina habe ich bisher auf keiner anderen Karte gesehen.
An dieser Stelle hat Dr. Buomberger (oder waren es der Verlag oder die Setzerei) einen Fehler gemacht: Die Station Brusio kommt talaufwärts vor Meschino, dessen Position müsste also ganz rechts sein.
Ganz oben im Taleinschnitt kommen die Geleise aus dem Valposchiavo und winden sich in grossen Schleifen dem Dorf Brusio zu. Diese Aufnahme wurde wohl von Viadukt aus aufgenommen. Diese markante Brücke und Bernina-Highlight selbst hat Buomberger nicht in die Auswahl genommen...
...dafür diese eigenartige Aufnahme. Der Schatten der Steinmauer wirkt wie ein Riss im Bild, die beiden Jungs schauen dem Fotografen zu. Rechts unten ist noch ein wenig Bahndamm zu erkennen.
Touristen werden im besten Fall auf der Weinetikette einen Bezug zu Campascio hergestellt haben
Dafür brilliert das Set mit dieser tollen Aufnahme vom Grenzzaun!
Das Tor wurde nachts geschlossen und tagsüber bewacht! Die beiden Zöllner stehen stolz in ihren Uniformen auf ihrem Posten.
Mehr Details hier
Das Zollamt Madonna di Tirano war auch eine Haltestelle. Die Züge wurden dort vom italienischen Zoll kontrolliert.
Die Berninabahn verläuft heute noch im Strassenbett.
Mit der bekannten Aussicht von der Kapelle von San Perpetua auf Tirano endet das Panoramakarten-Set.
Die Berninabahn verläuft hier noch in der breiten Strassen und biegt genau beim heutigen Holzverlad in die Station Tirano ein.
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