110 Jahre Hotel Bellaval, St. Moritz (1903-2013)

Hundertzehn Jahre stand es als diskretes, aber unübersehbares Wahrzeichen am Bahnhof St. Moritz. Kein seeseitig stehender Fotograf konnte es ignorieren: Prominent zwischen Gleisen und Ufer - stille Präsenz,  zurückhaltend in der Erscheinung und trotzdem dominant.

 

Erst in den 1970er-Jahren wurde es hektisch und lärmig: Als die Umfahrung von St. Moritz durch die Charnadüra-Schlucht realisiert wurde, sah sich das Gebäude eingeklemmt zwischen Bahn und der Strasse.

 

Schon seit längerer Zeit war bekannt, dass es dem Ausbau der Gleisanlagen weichen muss - im November 2013 kam das definitive Ende. Das Hotel Bellaval hat am Längsten von allen Gebäuden am Bahnhof überlebt. Viele Gründe also für eine historische Betrachtung des Gebäudes!

Geschichte

Das Hotel Bellaval war einst das das Bahnhofhotel von St. Moritz. Zur Zeit seiner Erbauung war es von Elementen des Schweizer Holzstils geprägt (wie viele andere Hotels auch). Verschiedene Umbauten veränderten den ursprünglichen Charakter im Laufe der Zeit.

 

Hotelgründer: Firma Wilhelm Schenkel & Cie.

Architekt: Nicolaus Hartmann sen., St. Moritz. Erweiterungsprojekt 1907 durch den gleichnamigen Junior.

 

1903: Eröffnung als Hotel Bahnhof

1907: Erweiterung und Umbenennung in Hotel Bristol

ca. 1925?: Umbenennung in Alkoholfreies Volksheim

nach 1940: Umbenennung in Hotel Bellaval

November 2013: Abriss

 

 

Vielen Dank an Linard Brüngger für die Informationen und auch Bilder. Er ist ein profunder Kenner der Entwicklung der Hotellerie im Engadin und es lohnt sich, seine mit viel Herzblut und Sachkenntnis gestaltete Webseite www.engadin-history.ch zu besuchen!

 

Hotel Bahnhof (1903-1907)

713-008: Inserat aus Reisefährer, Sammlung L. Brüngger
713-008: Inserat aus Reisefährer, Sammlung L. Brüngger

Aus seiner Sammlung hat mir Linard Brüngger ein Inserat des Hotel Bahnhof zur Verfügung gestellt.

 

Es erschien in der Ausgabe 1903 (also im Eröffnungsjahr des Hotels) im Reiseführer von Dr. E. Lechner.

713-005: Zeichnung und Druck: H. Guggenheim & Co., Zürich (keine Postkarte)
713-005: Zeichnung und Druck: H. Guggenheim & Co., Zürich (keine Postkarte)

Eine absolute Rarität stellt dieser gezeichnete Kleinpropsekt des Hotel Bahnhof dar. Er ist im Postkartenformat vor- und rückseitig bedruckt.

 

Es handelt sich um eine gezeichnete Komposition, welches das neu eröffnete oder neu zu eröffnende Hotel in den Vordergrund stellt. Auch der Errichter und Besitzer des Hotels, Wilhelm Schenkel, ist erwähnt.

Auf der Rückseite der Karte werden die Vorzüge des Hotels angepriesen.

Das Edelweiss als stilistisches Ornament verleiht dem Hotel eine "alpine Bedeutung".


Interessant die Skizze des Hotels, denn vermutlich wurde diese ab Plan erstellt: Der grosse Saal rechts mit der darüberliegenden grosszügigen Terrasse wurde nicht in diesen Proportionen realisiert - die Balkone darüber auch nicht.


Die Fenster im rechten Trakt sind im Original versetzt gebaut, vermutlich befand sich dort das Treppenhaus.


Etwas gar stark geschrumpft ist der erste Bahnhof St. Moritz! Schön gezeichnet das erste Stationsgebäude. Der Bahnhof wird reduziert auf die Funktion: Zubringer, Mittel zum Zweck. Klar, denn es geht hier um das Hotel und seine komfortable Nähe zur Bahn.

 

Aber auch das Hotel Waldschlösschen musste Federn lassen (links der Schweizer Flagge), damit das Hotel Bahnhof dominiert: Es steht in Wahrheit um einiges höher auf der Landzunge.

 

Rechts im Bild ist eine Art Strassenbahn zu erkennen. Das Tram war ja vor der Bahn und dem Bahnhof da und verband den Ortskern von St. Moritz Dorf mit dem Bad. Die Anknüpfung des Bahnhofs St. Moritz war zwar geplant, aber leider nie realisiert und dies war mit ein Faktor, der zum Untergang der StStM geführt hat.

 

Rund um den Bahnhof hat der Künstler einiges an Rollmaterial erschaffen, die Dampflok rechts hat den Charakter einer Stütztender-Lok mit Stehkessel und auch die Wagen links und rechts des Bahnhof haben nicht den RhB-Charakter. Vielleicht hatte Guggenheim in Zürich einfach die ihm vertrauten Eisenbahn-Verhältnisse in der Limmatstadt übernommen. Auch wenn zu dieser Zeit Loks mit Stehkessel schon länger nicht mehr verkehrten.

713-001 Verlag: Artist. Atelier H. Guggenheim & Co., Editeurs, Zurich. Karte ungelaufen. Sammlung L. Brüngger
713-001 Verlag: Artist. Atelier H. Guggenheim & Co., Editeurs, Zurich. Karte ungelaufen. Sammlung L. Brüngger

Eine fantastische Aufnahme des Hotel Bahnhof!

Vermutlich wurde die Foto kurz nach Fertigstellung gemacht. Die Strasse am See existiert noch lange nicht. Man beachte die edlen Anschriften in französisch an der Ecke. Rechts im Hintergrund das Hotel Waldschlösschen (heute Hotel Waldhaus am See)

Sammlung Linard Brüngger, vielen Dank!

713-017 Verlag unbekannt, Karte ungelaufen
713-017 Verlag unbekannt, Karte ungelaufen

Tolle kolorierte Karte aus der Frühzeit des Hotel Bahnhof.

 

Rechts erkennen wir das Restaurant Bachetti, dessen spannende Geschichte hier beschrieben ist.

713-004 Verlag Wehrli A.G., Kilchberg, Zürich. Karte gelaufen am 12.7.1908
713-004 Verlag Wehrli A.G., Kilchberg, Zürich. Karte gelaufen am 12.7.1908

Diese schöne Aufnahme rückt das Hotel Bahnhof in das Zentrum. Es hebt sich sehr gut vom See als Hintergrund ab. Ein sehr frühes Bild, sind doch die Gleisanlagen der Rhätischen Bahn im Ursprungszustand.

Hier ein vergrösserter Ausschnitt der Postkarte. Noch ist die Berninabahn nicht da, denn dafür musste das Gebäude links (Restaurant Bacchetti) abgerissen werden.

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